Saalflugmodelle im Wahlpflichtunterricht der Stadtteilschule Rissen

Zum ersten Mal baute von Mai bis Juni 2017 ein Teil des Wahlpflicht-Kurses „Forschende Naturwissenschaften“ Saalflugmodelle.
Saalflug? So heißt der Modellflug, der grundsätzlich in der Halle stattfindet. Die Modelle sind zu leicht und empfindlich, um sie draußen fliegen zu lassen, und sei es nur auf dem Schulhof.

Sie fliegen umso besser, je weniger sie wiegen – aber mit dem Gewicht sollte man es zu Anfang nicht übertreiben. Für das Bauen sind ganz bestimmte Techniken nötig, die es zu lernen gilt, dazu gehören ein paar Kenntnisse der Strömungslehre. Denn ein Saalflugmodell von 3 Gramm fliegt im Grundsatz nach den gleichen Naturgesetzen wie ein Airbus A380 mit seinen 590 Tonnen. Auch Saalflugmodelle haben Flügel, Höhen- und Seitenleitwerk, Rumpf und Antrieb, und einen Schwerpunkt, der mit der Differenz der Winkel zusammenhängt, mit denen Flügel und Höhenleitwerk von der Luft angeströmt werden.

Das zeigte Gerhard Wöbbeking, Modellflieger aus Rissen, schon beim ersten Modell. Für den hatte er Flügel und Leitwerke aus Papier vorgeschnitten, die Schüler sollten – nachdem sie die Leitwerke angeklebt hatten – den Schwerpunkt des Rumpfstabs bestimmen und anschließend den Flügel so aufkleben, dass dieser Schwerpunkt in seiner Mitte lag. Als der Leim getrocknet war, wurde das Modell getrimmt – es fliegt ohne Motor als Segelmodell, nur von der Schwerkraft angetrieben. Der Gleitflug lässt sich einstellen, indem die Vorderkante des Leitwerks mehr oder weniger nach unten geknickt wird: Ist die Vorderkante zu tief unten, gibt’s Girlandenflug, das Modell „pumpt“. Wöbbeking: „Der Einstellwinkel ist zu groß.“ Umgekehrt bei zu flachem Höhenleitwerk: Das Modell geht im Gleitflug zu steil nach unten.

Der zweite Flieger war auch ein Segler, hat aber bereits Flügel und Höhenleitwerk wie der „Dow Cup“, das Modell mit Gummimotor und Ziel des Kurses. Die dünnen Holme aus Balsaholz 2×2 mm mussten auf einem Plan mit den längs gestellten Rippen zur rechteckigen Tragfläche und dem Höhenleitwerk verklebt werden. Damit aus dem Gerippe ein Flügel wird, wird er bespannt – mit Spezialpapier aus Japan. Winglets aus Zeichenkarton sorgen außen am Flügel für die Flugstabilität um die Längsachse, auch das Seitenleitwerk ist aus Papier und lässt sich zum Trimmen des Geradeausflugs leicht biegen. Wie beim Papiermodell muss der Flügel so auf den Rumpf geklebt werden, dass dessen Schwerpunkt – mit Leitwerk gemessen – in der Mitte der Flügeltiefe liegt. Um den deutlich langsameren Gleitflug richtig einzustellen, lässt sich die Hinterkante des Höhenleitwerks mit einem dünnen Stückchen Sperrholz bewegen. Das Höhenleitwerk wird dafür nur vorne auf den Rumpfstab geklebt und bleibt hinten beweglich.

Das Wettbewerbsmodell „Dow Cup“, um das es letztlich ging, war schon deutlich schwieriger zu bauen. Nicht nur die Winglets sind aus dünnem Balsafurnier, und mussten rund um eine Schablone ausgeschnitten werden. Dazu kamen auch die Propellerblätter, und immer war die Faserrichtung des Holzes zu beachten! Noch mehr Schwierigkeiten bereitete die Planangabe, nach der die linke Tragfläche größer ist als die rechte. Gerhard Wöbbeking erklärte: „Als ich das Modell entwickelte, wollte ich den Flügel symmetrisch. Doch das Modell wollte damit nicht ordentlich kreisen.“

Das Bespannen mit einer superdünnen Folie – viel leichter als Papier, viel dünner als Küchenfolie – ging besser als gedacht. Zuvor wird ein Kleber auf das feine Gerippe aufgetragen, der trocknen kann. Ein bisschen klebt die feine Folie, wenn ein deutlich größeres Stück darauf ausgebreitet wird, doch das lässt sich korrigieren. Ein spezielles Modellbau-Bügeleisen aktiviert dann den Heißkleber – zum Schluss muss nur der überstehende Rand abgeschnitten werden. Selbst eine ganz neue Rasierklinge wäre dafür nicht scharf genug, aber mit einem Lötkolben kann es jeder: Einfach mit der Spitze um das bespannte Gerippe herumfahren – fertig.

Anders als bei den Gleitern steht der Flügel auf kurzen Stäben, die am Rumpf angeklebt sind. Die Röhrchen, in denen diese Stäbchen stecken, werden zuvor vorn und hinten an den fertigen Flügel geklebt und müssen sauber ausgerichtet sein, „fluchten“. Zum Schluss werden dieselben Stäbchen seitlich an den Rumpf geklebt, wieder müssen sie fluchten. Das war der vielleicht schwierigste Teil des Baus, obwohl es nur um zwei kleine Klebestellen geht. Danach waren die Modelle fertig zum Einfliegen.

Im letzten Abschnitt des Kursus ging es um das Schmieren und Aufziehen des Gummimotors, der den Propeller antreibt. Der Motor besteht aus einem etwa 70 cm langen Stück Gummifaden, das von einem dicken Knäuel abgeschnitten wird. Es ist Spezialgummi aus den USA, speziell für den Antrieb von Flugmodellen hergestellt. Die beiden Enden des Gummis werden verknotet, vorm Zusammenziehen des Knotens wird dieser geschmiert – mit Spucke. Auch der übrige Gummimotor muss geschmiert werden, dafür nimmt man ein bisschen „Amor All“ in die Hand und knetet ihn durch. „Amor All“ ist ein Pflegemittel für Kunststoff und Gummiteile am Auto.

Dieser Gummi kann jetzt aufgezogen, also verdrillt werden, mit einer kleinen Kurbel, die eine Übersetzung von 10 hat – einmal kurbeln, zehnmal dreht sich der Haken. Für den Anfang genügen 300 Umdrehungen, der Gummi verträgt aber bis zu 2000! Dafür muss er zuvor weit gedehnt werden; macht man es nicht richtig, reißt er. Der aufgedrehte Gummimotor wird dann ins Modell gesetzt; er dreht den Propeller, der Propeller treibt das Modell.

Zwar sind fünf Modelle rechtzeitig fertig geworden, doch für ausgiebiges Fliegen blieb keine Zeit mehr. Dabei kann der „Dow Cup“, richtig getrimmt, mehrere Minuten in der Luft bleiben! Das sollte nachgeholt werden, damit man den Erfolg des Kurses auch erleben kann. Dieser war der erste dieser Art an der Schule; das nächste Mal sollte mehr Zeit eingeplant werden.